Neuland

Auch wenn es auf manchen Weltkarten fehlt, hat jeder schon einmal von Neuseeland gehört – doch wo ist das alte Seeland? Es gäbe zwei Kandidaten: das dänische Sjælland und das niederländische Zeeland. Die (ungewöhnliche) englische Schreibweise New Zealand (mit Z) führt auf die richtige Spur: Es waren schließlich die Niederländer und nicht die Dänen, die dort auf Entdeckungsreise gingen, und es waren niederländische Kartographen, die das Land, das ihr Landsmann Abel Tasman ein paar Jahre zuvor entdeckt hatte, um 1645 nach der Provinz Zeeland (deutsch Seeland) Nova Zeelandia nannten.

Es war ein recht einfacher und bequemer (und auch einfallsloser) Brauch, „neuem“ Land (wir sprechen hier aus europäischer Sicht) alte Namen zu verpassen – entweder mit oder ohne vorangestelltes Neu-. Die Niederländer hatten das nicht nur mit dem kleinen Neuseeland getan, sondern auch mit dem riesigen Australien, das sie einfach zu Neuholland erklärten.

Und die Neuniederlande (Nieuw Nederland) gab es im 17. Jahrhundert auch einmal – als Kolonie in Nordamerika. Teile dieser Kolonie bilden heute Neuengland (New England), das kein politisches Gebilde ist, sondern ein Sammelbegriff für einige Bundesstaaten im äußersten Nordosten der USA: Maine, New Hampshire, Vermont, Massachusetts, Rhode Island und Connecticut.

Wie in der Alten Welt liegt ganz in der Nähe, allerdings auf der kanadischen Seite der Grenze, Neuschottland. Hier blieb aber im Englischen bis in unsere Zeit die lateinische Fassung des Namens erhalten, nämlich Nova Scotia, während die Frankokanadier von Nouvelle Écosse sprechen.

Die Franzosen besitzen übrigens ihr eigenes Neuschottland, aber „getarnt“ als Neukaledonien, fernab von Kanada im Südpazifik. Kaledonien (Caledonia) war der römische Name für das heutige Schottland, und der britische Seefahrer, der New Caledonia auf diesen Namen taufte, fühlte sich von den Inseln an Schottland erinnert – aus welchem Grund auch immer. Die Franzosen übernahmen später die Inseln und übersetzten deren Namen mit Nouvelle-Calédonie.

Und in einiger Entfernung davon, aber immerhin in der gleichen Region der Welt, finden wir auch eine Insel namens Neuirland (New Ireland oder Niu Ailan). Sie liegt im Bismarck-Archipel und hieß kurze Zeit (1885–1918) Neumecklenburg. Die Insel ist Teil der Provinz Neuirland, die zum Staat Papua-Neuguinea gehört. Im gleichen Archipel liegt auch die Insel Neubritannien (New Britain oder Niu Briten), die während der deutschen Kolonialzeit Neupommern hieß.

Die Insel Neuguinea wurde übrigens im 16. Jahrhundert von dem Spanier Íñigo Ortiz de Retez auf diesen Namen getauft, weil sie ihn an das afrikanische Guinea erinnerte, an dem er zuvor vorbeigesegelt war – möglicherweise wollte er aber auch nur damit angeben, wie weitgereist er war.

Mit dem Ende der deutschen Kolonien verschwanden viele Namen wie die beiden oben erwähnten wieder von den Landkarten, aber es gibt noch ein paar ziemlich große Gebiete mit deutschen „Neu-Namen“, zum Beispiel die kanadische Provinz Neubraunschweig (New Brunswick / Nouveau-Brunswick). Benannt wurde sie nach dem Fürstenhaus, dem König Georg III. (1738–1820) entstammte, der auch Kurfürst von Braunschweig-Lüneburg war.

Über eine Fläche, die fast doppelt so groß wie das heutige Deutschland ist, erstreckt sich immerhin Neuschwabenland, eine Region im Osten von Antarktika – die allerdings nur indirekt nach dem Land benannt wurde: ihr Name leitet sich von dem Expeditionsschiff Schwabenland ab.

Eine ausführliche Version dieses Beitrags gibt es in meinem Buch Dr. Kinnes Sprechstunde, das auch einen Link zu meinem Online-Quiz enthält.

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